Unsere Welt wird immer lauter, bunter, hektischer. Im stressigen Alltag fühlen sich viele Erwachsene, zunehmend sogar Jugendliche und Kinder, selbst wie eine aggressiv blinkende Werbetafel. Überforderung macht sich durch die hohen Ansprüche, die wir an uns selbst stellen, in weiten Teilen der Bevölkerung breit. Hinzu kommt massiver Leistungsdruck von außen, ein voller Terminkalender mit beruflichen und privaten Terminen.
Ja, auch private Veranstaltungen, die eigentlich der Gesundheit dienen sollen, können stressen und krank machen. Im Zuge des Trends zur Selbstoptimierung steigern sich Menschen allzu oft in immer härtere Trainingspläne hinein, damit ihr Körper einem Schönheitsideal ähnlich wird, das über die Medien propagiert wird.
Was ist Stress?
Auch wenn das Wort mittlerweile Eingang in die Alltagssprache gefunden hat, ist der Begriff „Stress“ eigentlich aus der Biologie entnommen. Stress bezeichnet einen Zustand des Körpers, bei dem die Hormone Adrenalin und Cortisol vermehrt ausgeschüttet und die Muskulatur stärker durchblutet wird. Alle Sinne des Körpers sind auf Aktion oder Flucht ausgerichtet. Somit ist Stress an sich eine sehr sinnvolle Reaktion des Körpers auf Situationen, in denen Höchstleistungen erbracht werden müssen, um zu überleben.
Manche Menschen verspüren jedoch Stress als Dauerzustand, weil sie sich von ihrem Alltag geradezu überrollt vorkommen. Sie erleiden Ängste durch ihre Überforderung und bewegen sich durch diese Art von Belastung langsam auf einen Burnout zu. Dauerstress hat also nicht nur körperliche Folgen, wie Übergewicht und Arterienverkalkung, er kann ohne richtiges Stressmanagement auch zu Schlafproblemen oder Angststörungen führen.
Wie Sie Dauerstress an sich selbst erkennen
Chronische Müdigkeit oder Abgeschlagenheit, die Anfälligkeit für Infektionserkrankungen, ständige Gereiztheit oder auch Unzufriedenheit können Ihnen Hinweise darauf geben, dass Sie überlastet sind. Oft türmen sich bei gestressten Menschen die Aufgaben immer höher und höher auf, doch sie fühlen sich außerstande, mit der Bewältigung alltäglicher Pflichten überhaupt zu beginnen. Jede Aufgabe, die erledigt wird, kann nur durch immense innere Überwindung und eine hohe Kraftanstrengung bewältigt werden. Danach fühlen sich die Personen wiederum erschöpft und unzulänglich, da sie nicht in der Lage dazu sind, Leistung zu erbringen. Der Körper und die Psyche kommen mit der Stressbewältigung nicht zurecht. Alle diese Anzeichen können auch in eine Depression führen, wenn sie nicht ernst genommen werden. Fühlen Sie sich schon am Wochenende geradezu bedroht von der kommenden Arbeitswoche, dann sind Sie womöglich schon auf dem Weg in ein Burnout.
Stressbewältigung lernen
Je früher Sie gegensteuern, desto leichter lassen sich schädliche Verhaltensmuster im Alltag oder auch übermäßige Belastung reduzieren. Häufige Stressoren sind Überforderung, Sorgen im sozialen Umfeld nicht akzeptiert zu werden oder finanzielle Probleme. Betroffene müssen sich zunächst klar darüber werden, welchen Stressoren sie ausgesetzt sind bzw. welche Stressoren sie psychisch belasten. Ignorieren oder gar Verleugnen des Überlastungsgefühls führt nur dazu, dass das Problem immer größer und belastender erscheint. Wenn nötig, kann auch eine schriftliche Ausformulierung der individuellen Stresssituation angefertigt werden.
Teilen Sie sich dann Ihrem persönlichen Umfeld vertrauensvoll mit. Informieren Sie über Ihre Situation. Oft entlasten Angehörige oder Partner schon dadurch, dass sie Bescheid wissen. Ratschläge und Unterstützung zu erfragen ist keine Schande. Dies kann sogar zu einer Verbesserung und Vertiefung der Beziehung zu einer Person führen.
Stress wird sehr subjektiv empfunden. Die gestresste Person fühlt sich unangenehmen Situationen ausgeliefert. Versuchen Sie also, Ihre Sprache und dadurch auch Ihr Denken hin zu einer selbstbestimmten Alltagsbewältigung zu lenken. Dazu sollten Satzbausteine wie „ich muss“ oder „ich kann nicht“ ersetzt werden durch Formulierungen wie „ich will“ oder „ich werde“. Dadurch nehmen Sie das Ruder wieder in die Hand und steuern Ihr Schiff selbst, statt sich von den Wellen hin und her geworfen zu fühlen.
Perfektionismus ist kontraproduktiv beim Stressabbau. Daher lohnt es sich, auch hier ein Umdenken anzustoßen. Legen Sie die darunter liegenden Gefühle offen und gestehen Sie sich z.B. ein, dass Sie nicht gern die Kontrolle verlieren oder dass Sie es sehr unangenehm finden, wenn man Sie bei einem Fehler ertappt. Natürlich ist es sehr schwierig, einen gnädigeren Umgang mit sich selbst zu erlernen. Dies geht nicht innerhalb kürzester Zeit. Aber auch das Gehirn eines Perfektionisten reagiert irgendwann, wenn sich die Sprache und das Denken verändern. Sagen Sie sich also immer wieder ganz bewusst Sätze, die den Perfektionismus abdämpfen. Ein solcher Satz könnte lauten: „Keiner kann immer fehlerfrei arbeiten“ oder „Es ist unmöglich, alles zu kontrollieren“. Notieren Sie sich auch immer wieder positive Erlebnisse am Ende des Tages. Auch wenn sie noch so klein sind, hilft es, diese Momente immer wieder nachlesen zu können und sich darin zu üben, die Dinge auch wahrzunehmen, die gut laufen.
Ein wesentlicher Bestandteil der Stressbewältigung ist es auch, die Ernährung umzustellen und Sport zu treiben. Oft bleiben vor lauter Arbeit und Stress der eigene Körper und die Seele auf der Strecke. Sie werden mit Ablenkung vor dem Fernseher und ungesundem Essen betäubt. Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung wirken sich aber nicht nur ungünstig auf den Körper aus, sondern auch auf die Psyche. Gesunde Lebensmittel jedoch stärken die Abwehrkräfte und machen Sie fitter und vitaler, sodass Sie mit den Anforderungen der Welt um sich herum besser zurechtkommen können. Moderater Sport schüttet Endorphine, die körpereigene Glücksdroge, aus und macht Sie entspannter und glücklicher. Bei Personen, die extrem viel Sport zur Selbstoptimierung machen, kann dies hingegen zum Stressor werden.
Nicht zuletzt leiden viele Personen an einem Überforderungsgefühl, weil sie sich verzetteln oder schlecht fokussieren können. Ein effektives Zeitmanagement hilft hier enorm weiter. To do-Listen mit Priorisierung, Zeitbudgets oder andere Techniken des Zeitmanagements können mithilfe gängiger Literatur erlernt werden. Schalten Sie dann Ablenkungen bewusst aus und räumen Sie in Ihrem Arbeitsbereich radikal auf. Hier dürfen Sie sich selbst gern austricksen und das Handy in einen Tresor verbannen oder den Stapel Arbeitsunterlagen außer Sichtweite deponieren, damit die Tischplatte frei bleibt.
In Ihren freien Stunden können Sie außerdem Entspannungstechniken anwenden, die Sie auf ein niedrigeres Energielevel bringen. Hier eignen sich Autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Traumreisen.
Mit einem guten Stressmanagement werden Sie Ängste und Überforderung reduzieren und dabei Ihre Leistungsfähigkeit dauerhaft erhalten. Bei dauerhafter Erschöpfung oder Überlastung sollten Sie Maßnahmen ergreifen und z.B. auch Ihren Hausarzt aufsuchen, denn nur durch eine gute Stressbewältigung bleiben Sie körperlich und seelisch gesund.